Erfahrungsbericht: Elektronische Prüfung in Informatikstudiengängen

In der Prüfungsphase im Juli 2017 wurde die Prüfung der Lehrveranstaltung Fortgeschrittene Programmierung in den Studiengängen e-Government und Medien- und Kommunikationsinformatik am PC durchgeführt. Der Gegenstand der Lehrveranstaltung, die Programmierung verteilter Softwaresysteme auf der Basis von Webtechnologien – sogenannte Webapps, hatte sich in den vergangenen zwei Jahren als nur sperrig auf Papier prüfbar dargestellt, insbesondere wenn es um das komplexe Zusammenspiel verschiedener Softwarekomponenten ging. Die Studierenden erlernen in der Veranstaltung Programmiertechniken und so lag es nahe, die Prüfung realitätsnah mit praktischen Programmieraufgaben durchzuführen.

In der bisherigen papierbasierten Klausur war zum größeren Teil Programmcode zu konkreten Problemstellungen aufzuschreiben und zum kleineren Teil gegebener Programmcode zu analysieren. Die elektronische Klausur bestand zum überwiegenden Teil daraus, am Computer Programme zu schreiben und zu testen. Bei einer Aufgabe war es für die Programmierung der Lösung erforderlich, zuerst eine gegebene Schnittstelle im Livebetrieb zu beobachten aus den Beobachtungen das verwendete Datenformat abzuleiten.

Eindruck von der Prüfungssituation

Im Gegensatz zu elektronischen Prüfungen mit EvaExam waren keine Prüfungsbögen auszufüllen, sondern konkrete Programme zu schreiben. Als administratives System zur Verwaltung der Teilnehmer, der Bereitstellung der vorgegebenen Programmfragmente und der Abgabe der Lösungen wurde das System Jack der Universität Duisburg-Essen verwendet, mit dem wir seit vier Jahren gute Erfahrungen bei der Durchführung von Testaten in der Lehrveranstaltung Strukturierte und objektorientierte Programmierung machen.

Die Prüfung läuft so ab, dass die Teilnehmer sich am Rechner im PC-Pool in einen speziell angelegten virtuellen Desktop einloggen, in dem alle notwendigen Programme bereitgestellt werden. Mit der Entwicklungsumgebung Eclipse können die Teilnehmer eine Projektstruktur herunterladen, die alle für die Klausur benötigten Programmfragmente und Softwarebibliotheken (z. B. jQuery, AngularJS, Node.js-Module) enthält. Dieselbe, mit den Lösungen versehene, Projektstruktur wird am Prüfungsende über Eclipse auf den Jack-Server hochgeladen. Für den Down- und Upload werden die Matrikelnummer sowie eine individuelle TAN benötigt, die zuvor anhand der Teilnehmerliste von Jack generiert und auf den individuellen Klausurbogen gedruckt wurde.

Die Prüfung fand also nicht vollständig papierlos statt, sondern die Aufgaben wurden den 31 Teilnehmern auf einem Klausurbogen ausgehändigt. Nach der Korrektur der Klausuren (s. u.) wurden die Lösungen automatisiert ausgedruckt und für die Vollständigkeit der Prüfungsakte an den jeweiligen Klausurbogen geheftet. Trotzdem konnte der Papierbedarf im Vergleich zur handschriftlichen Prüfung um ca. 50% reduziert werden.

Während der Prüfung erhielten die Teilnehmer Zugang zu einer Auswahl von Internetquellen für die Recherche in den Referenzhandbüchern der bereitgestellten Programmierbibliotheken. Es war untersagt, andere Quellen zu verwenden oder über das Internet zu kommunizieren. Diese Einschränkung wurde nicht mit technischen Mitteln erzwungen. Statt dessen hat das IT-Dezernat während der Prüfung den Netzwerkverkehr der betreffenden PC-Pools mitgeschnitten und danach zur Auswertung bereitgestellt. Den Teilnehmern wurde dies zu Beginn der Prüfung mitgeteilt. Es ist nach Auswertung des Mitschnitts nicht zu Betrugsversuchen gekommen. Ca. drei Wochen vor der Prüfung wurden die erlaubten Internetquellen bekanntgegeben sowie die Programmierumgebung zur Prüfungsvorbereitung zum Download bereitgestellt.

Für die Bewertung der Lösungen wurden diese geordnet nach Matrikelnummern von Jack heruntergeladen und die von den Teilnehmern erstellten Programme ausgeführt. Im Optimalfall (wenn das Programm einwandfrei funktionierte) musste der Quellcode der Lösung nur überblicksartig betrachtet werden.

Fazit

Die Prüfung fand – verglichen mit einer handschriftlichen Klausur – unter deutlich realitätsnäheren Umständen statt. Die Teilnehmer konnten in einer bekannten Programmierumgebung mit den bekannten Werkzeugen Programme schreiben, testen und ggf. korrigieren. Dies ist das Szenario, das auch der Berufspraxis am Nächsten kommt. Die Teilnehmer wurden nach der Klausur gebeten, ihre Präferenz zwischen papierbasierter und elektronischer Prüfung anzugeben. Von den 31 Teilnehmern nannten 25 (rund 80%) die PC-Klausur als die bevorzugte Variante.

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